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Suvi:

Für Suvi ist das Finnische die Sprache, die „am tiefsten in ihrem Kopf“ ist. Vor allem wenn sie spontan etwas denkt oder äußert, ohne eine bestimmte Sprache zu wählen, geschieht dies für gewöhnlich auf Finnisch. Außerdem erfüllt es in ihrem Sprachenportrait den gesamten Oberkörper, was auf die Funktion als Herkunftssprache hindeuten soll.

Suvi lebt seit einigen Monaten in Wien und spricht Finnisch seither nur, wenn sie mit Freunden oder Familienmitgliedern in Finnland telefoniert. In ihrem Alltag in Wien verzichtet sie bewusst darauf Finnisch zu verwenden, indem sie kaum finnische Veranstaltungen besucht und nicht gezielt Kontakte mit finnischen Studierenden oder anderen Finninnen und Finnen in Wien knüpft. Ein Grund hierfür ist, dass sie ihren Aufenthalt in Wien als Möglichkeit sieht ihre Deutschkenntnisse zu perfektionieren. Dieser Wunsch ist so stark, dass sie sogar scherzhaft in Erwägung zieht, ihre Muttersprache zu vergessen, um Platz für das Deutsche und Englische zu schaffen. Trotzdem ist das Finnische durch die häufigen Telefonate sehr präsent in ihrem Alltag und sie ist in gewissem Sinne stolz darauf, eine Sprache zu beherrschen, die nur wenige Menschen sprechen können.

 

Weitere sprachliche Ressourcen, die sie als für ihr Leben relevant beschreibt, sind v. a. auch das Deutsche und Englische. Durch einige längere Aufenthalte in deutschsprachigen Ländern, spielt die deutsche Sprache schon seit ihrer Schulzeit eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund verortet sie sowohl das Deutsche als auch das Englische gemeinsam mit dem Finnischen in ihrem Kopf, da sie auch in diesen beiden Sprachen in bestimmten Situationen sozusagen automatisch Äußerungen hervorbringen kann. Sie fungieren im Studium auch als Arbeitssprachen, da Suvi Lehrveranstaltungen auf Deutsch und Englisch besucht. Die hochgehobene Hand symbolisiert laut ihr aber, dass das Deutsche im Moment die sichtbarste ihrer sprachlichen Ressourcen ist, da sie sie derzeit am meisten verwendet. Suvi denkt und träumt allerdings in all diesen Sprachen. Das ist meist abhängig davon, welche sie kurz davor am intensivsten gebraucht hat.

 

Sie erwähnt auch einige weitere Sprachen, wie Schwedisch, Chinesisch, Polnisch, Russisch, Italienisch und Französisch, mit denen sie mehr oder weniger im Laufe ihres Lebens in Berührung kam. Jetzt in Wien spielen sie aber eine untergeordnete Rolle.

 

Wie bereits erwähnt, hat sie ganz bewusst kaum Kontakt zu in Wien lebenden finnischen Personen, ist in keinem finnischen Verein aktiv beteiligt und besucht zurzeit auch keine finnischen Veranstaltungen in Wien. Außerdem konsumiert sie finnische Medien nicht mehr so intensiv wie in Finnland und interessiert sich derzeit wenig für finnische Politik und Nachrichten aus Finnland.

Die österreichische Politik hat sie bis jetzt eher oberflächlich verfolgt, möchte sich in Zukunft aber mehr damit beschäftigen. Sie kann sich auch vorstellen, in Zukunft in Österreich zu arbeiten, ist aber auch für Deutschland oder Finnland offen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Suvi ihre Identität als klar finnisch definiert, sich aber im Kontext des Auslandsstudiums zum Ziel gesetzt hat, so wenig Finnisch und so viel Deutsch wie möglich zu sprechen. Aufgrund des erst sehr kurzen Aufenthalts in Wien kann man aber schwer von einem Zugehörigkeitsgefühl sprechen, da sie sich im deutschsprachigen Raum eher mit Deutschland verbunden fühlt.

„Finnisch ist hier in meinem Oberkörper und weil es halt, weil es halt meine Identität ist. Also nicht nur meine Sprachidentität, sondern ich fühl mich Finnisch. […] das gehört so fest zu meiner Identität, Finnisch zu sein.“

„Also ich habe jetzt bemerkt, dass ich mich mehr für finnische Politik interessiert habe, als ich in Finnland war. Also jetzt verfolge ich das gar nicht mehr. Keine Ahnung, was da passiert.“

Anneli:

Elina:

Elina bezeichnet Finnisch, Deutsch und Englisch als die Sprachen, die sie „in ihrem Kopf“ hat und die sie täglich verwendet. Deutsch und Englisch sind jedoch auch „in ihren Händen“, weil sie eine praktische Funktion in ihrem Alltag erfüllen. Sie absolviert ihr Studium in Wien, d. h. Deutsch fungiert als Arbeitssprache im Studium und als Kommunikationsmittel im Alltag. Es fällt ihr sogar schwer über Themen, die das Studium betreffen, auf Finnisch zu reden.

Das Deutsche spielt jedoch nicht nur im Uni-Alltag eine große Rolle für sie, sondern auch im Privatleben, da ihr Freund aus Österreich kommt. Auch mit vielen Freunden und Studienkollegen kommuniziert sie auf Deutsch. Das Englische hat für Elina durch ihren Umzug von Finnland nach Wien an Wichtigkeit verloren, da in ihrem täglichen Leben die deutsche Sprache weitaus präsenter ist. Englisch verwendet sie dann, wenn sie auf Deutsch nicht verstanden wird, was mittlerweile jedoch selten vorkommt oder in der Kommunikation mit Freunden, die noch kein oder kaum Deutsch sprechen.

Finnisch beschreibt sie als die Sprache, die ihr am wichtigsten ist, als ihre Muttersprache. In den fünf Jahren, die sie schon in Wien lebt, hat sie viele Kontakte zu FinnInnen geknüpft. Das ermöglicht es ihr, Finnisch nahezu täglich auch in Wien zu sprechen. Neben dem Studium kümmert sie sich auch um die Kinder einer finnischen Familie, die eine Finnin als Babysitterin einstellen wollten, um die Finnischkenntnisse der Kleinen zu fördern. Elina sucht bewusst nach Möglichkeiten ihre Muttersprache häufig verwenden zu können.

 

An Veranstaltungen, die der Verein Finnischer Studenten (WIESO) organisiert, nimmt sie oft teil und ist sehr aktiv am Leben finnischer Studierender in Wien beteiligt. Außerdem spielt sie Hockey in einem finnischen Team. Die finnische Politik betreffend ist es ihr wichtig auf dem Laufenden zu bleiben, weshalb sie sich in Online-Zeitungen regelmäßig über aktuelle Geschehnisse in Finnland informiert. Die österreichische Politik ist für sie weniger von Bedeutung.

 

Auch wenn sie ganz klar ihre finnische Identität betont, bezeichnet sie auch Österreich als eine Art „Zuhause“ und fühlt sich mittlerweile in Wien wohl.

Durch die anfangs mangelnden Sprachkenntnisse hat es allerdings gedauert, bis sie in Österreich vollständig angekommen ist. Sie kann sich zurzeit jedoch eine Zukunft in Österreich vorstellen, sofern sich ein geeigneter Arbeitsplatz finden lässt. Zwei oder drei Mal im Jahr verbringt sie ungefähr zwei Wochen in Finnland, um Freunde und Familie zu besuchen.

„[…] zum Beispiel mein Studium, ich kann es gar nicht auf Finnisch denken“

„[Österreich] ist auch mein Zuhause, aber ich finde es gibt einen Unterschied zwischen woher ich komme, dieses Zuhause meiner Eltern und wo ich selbst wohne.“

Finnisch und Deutsch sind für Anneli die beiden Sprachen, die sie am meisten prägen, darum dominieren sie auch in ihrem Sprachenportrait. Finnisch und Finnland befinden sich im Gegensatz zu den anderen Sprachen innerhalb der Person in der Körpermitte, das soll darauf hinweisen, dass es ihre Herkunftssprache ist und dass es die Sprache ist mit der sie sich am besten ausdrücken kann.

„Ja ich habe Finnland und Finnisch versucht komplett reinzuschreiben in die Person, weil ich einfach durch und durch Finnin bin und Finnisch meine Muttersprache ist und es einfach die Sprache ist mit der ich mich am besten ausdrücken kann.“

In ihrem Alltag, in der Arbeit, auf der Universität, etc. spielt Deutsch für sie die größte Rolle, was für sie aber kein Problem darstellt, da sie die Sprache schon von klein auf gelernt hat und sie damit genauso gut wie ihre Herkunftsprache spricht. Anneli denkt je nach Situation entweder auf Finnisch oder auf Deutsch. Über private Angelegenheiten denkt sie meistens auf Finnisch nach, aber wenn es um die Arbeit oder die Universität geht, denkt sie meistens auf Deutsch darüber nach, auch weil sie in diesen Zusammenhängen manchmal die passenden finnischen Wörter nicht kennt. Eine Ausnahme für sie ist allerdings das Zählen. Egal in welcher Situation sie sich befindet, sie zählt immer auf Finnisch.

Finnisch spricht sie meistens nur mit ihren Eltern und ihrer Schwester, wenn sie mit ihnen via Skype telefoniert. Anneli ist in der finnischen Community nicht sehr aktiv, dennoch hat sie ein paar finnische Freundinnen mit denen sie auch Finnisch spricht, wenn sie unter sich sind.

Englisch ist für sie eine Sprache, die sie hauptsächlich an der Universität benötigt.

 

Obwohl Anneli in Österreich nicht wählen gehen darf, beschäftigt sie sich mit der österreichischen Politik und kennt sich auch gut damit aus. Die finnische Politik betreffend, fällt es ihr im Ausland schwer darüber informiert zu bleiben, da es natürlich in den Medien nicht so präsent ist, wie die lokale Politik. Das führt dazu, dass sie vor Wahlen nicht immer weiß, wen sie jetzt wählen soll bzw. will. Ihr ist es dennoch sehr wichtig ihr Wahlrecht zu nutzen, darum investiert sie vor Wahlen auch Zeit in die Recherche und versucht sich so gut wie möglich darüber zu informieren. Ihre am häufigsten genutzte Informationsquelle über Finnland ist das Internet, dort liest sie regelmäßig finnische Zeitungen, wie z.B. „Helsingin Sanomat“. Das Thema Politik hat für sie aber nur vor Wahlen Priorität.

„Aber ich gehe auf jeden Fall immer wählen. Also das ist mir schon wichtig. In der Botschaft kann man drei Tage oder so wählen gehen.“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Anneli ganz klar als Finnin sieht. Finnland ist ihre Heimat und nimmt einen hohen Stellenwert in ihrem Leben ein. Nichtsdestotrotz fühlt sie sich auch in Österreich sehr wohl, weil sie schon lange hier lebt und auch die Deutsche Sprache beherrscht. Wo sie in Zukunft lieber leben will, kann sie zur Zeit nicht sagen, da mit dem Abschließen ihres Studiums und der Geburt ihrer Nichte, die mit ihrer Schwester und ihrem Schwager in Finnland lebt, große Veränderungen anstehen bzw. angestanden sind.

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